Partnerschaftsbesuch in der Oberlausitz

Aus Anlaß des 60-jährigen Jubiläums unserer Partner-NABU-Gruppe Niesky in der Oberlausitz lud diese uns in ihr Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaften ein: vom 12.-16. Mai 2018 waren wir nun dort.

Zu unserer Kooperation mit dieser Gruppe findet man hier weitere Informationen

 

Kurzbericht

Bei sehr schönem, später windigeren Wetter konnten wir hier sehr vielfältige Naturbeobachtungen machen, von denen hier demnächst auch einige Bilder gezeigt werden. 

Unsere Partnergruppe bot uns einen sehr warmherzigen Empfang bei Kaffee und leckeren Torten, und bei einem Bildervortrag erfuhren wir viel über ihre Aktivitäten und Fortschritte im Natur- und Artenschutz. Beim anschließenden Grillfest ergaben sich viele Gelegenheiten zum gegenseitigen Austausch. 

Gruppenbild alle

Sie zeigten uns ihre Orchideenwiesen, mit breitblättrigem und rundblättrigem  Knabenkraut, wo wir beim Erfassen der Pflanzen helfen konnten, und ihre schilfbewachsenen Teichlandschaften. 

Teilweise werden diese speziell mit zaunbewehrten Brut-Inseln geschützt, denn die natürlicherweise hier nicht vorkommenden Minke und Waschbären bedrohen selbst die Populationen dort nistender Wasservögel, wie Lachmöwen, Flussseeschwalben und Kampfläufer, aber auch Schwarzkopfmöwen. 

Auch fanden wir Nebelkrähen und sehr viele Schwäne, ebenso wie Graugansfamilien mit ihren Küken, Knäkenten, Kormorane und Graureiher sowie Blesshühner. 

Wir konnten die bei uns selten brütenden Kraniche Kranich

bewundern, und Wespenbussarde. Auf einem Strommast nistete sogar ein Fischadlerpaar.

Seeadler, Rotmilan und Schwarzmilan, und selbst ein Schwarzstorch zogen  ihre majestätischen Kreise hoch über uns. 

Dazu gibt es dort Vögel, die bei uns seltener geworden sind, wie Drosselrohrsänger, Gelbspötter und Teichrohrsänger und gleich mehrere Paare Neuntöter. 

Aber auch Heide- und Blauflügelige Prachtlibellen, Grünfrösche und Rotbauchunken finden dort ihren Lebensraum. 

Am Tauerwiesenteichturm lief eine Hirschkuh hoch erhobenen Hauptes durchs Wasser, ein schöner Hirschbock stolzierte durchs Schilfgras und eine Rotte Wildschweine mit Frischlingen rannte in ein schützendes Gebüsch ... 

Sabine Renate Schmidt, 17.5.20108

 

Besuchsreise in die Oberlausitz - Bericht des Vorsitzenden Stephan Schäfer

Ins Land der Kraniche und der Wölfe: 

NABU Bensheim/Zwingenberg auf Besuchsreise in die Oberlausitz

 

Zu einer 5tägigen Begegnungsreise mit den Freunden von der Regionalgruppe Ornithologie Niesky/Oberlausitz brachen am 12. Mai neun Bensheimer Naturschützer vom NABU Bensheim/Zwingenberg auf. Anlass war das 60jährige Bestehen der dortigen Fachgruppe, zu der seit 1991 regelmäßige Kontakte gepflegt werden und ein reger fachlicher Austausch besteht.

 

Höhepunkt der Reise war das Treffen mit den Freunden sowie führenden sächsischen Vogelkundlern. Man feierte im Unterdorf der kleinen Ortschaft Dauban inmitten einer Waldwiese umgeben von lichten Heidewäldern. Der Vorsitzende der Fachgruppe, Werner Klauke, begrüßte herzlich die Bensheimer Gäste und dankte ihnen für manche finanziellen Hilfen bei Projekten zum Artenschutz in der Heide- und Teichlandschaft der Oberlausitz. 

 

So musste z.B. die Brutinsel der Lachmöwen- und Flussseeschwalbenkolonie im Reichendorfer Staubecken mit einem Elektrozaun umgeben werden, um sie vor dem Mink, einer eingeführten und inzwischen verwilderten Marderart, und vor dem Waschbär zu schützen. In anderen Fällen ging es um die Sicherung von Kranichbrutplätzen, Erhaltung und Pflege Orchideenwiese

von Orchideenwiesen und Mooren, und Schutzmaßnahmen für seltene Vogelarten. 

In Jahresberichten veröffentlicht die Gruppe die gesammelten Beobachtungen der artenreichen Vogelwelt der Oberlausitz und stellt so eine aktuelle Datengrundlage für Schutzmaßnahmen zur Verfügung. 

 

Die Bensheimer konnten auf dieser Feier auch das Ehepaar Menzel begrüßen. Franz Menzel leitete lange Jahre die Fachgruppe. Er war es, mit dem die Bensheimer 1991 die ersten Kontakte geknüpft haben, die zu zahlreichen Besuchsreisen  zu den Naturschätzen der Oberlausitz führten. An diese erste Reise erinnerte dann Stephan Schäfer. 

Er schilderte, wie sie damals diese noch ganz unbekannte Landschaft  unter einem unbeschreiblich leuchtenden Sternenhimmel erlebt haben. Es war Oktober, die Teiche waren abgelassen worden.  Es sammelten sich dort Kolkraben, Kormorane, Seeadler, die ersten arktischen Wildgänse waren angekommen. Es war eine Natur, die man im Westen nicht gekannt hat. 

Untergekommen war man in einer ehemaligen DDR-Ferienkolonie am Quitzdorfer Stausee. Man bekam noch etwas mit von der Aufbruchszeit kurz nach der Wende. Namens des NABU Bensheim/Zwingenberg überreichte Schäfer dann einen Scheck und die Weinpräsente als Zeichen fortdauernder Verbundenheit.

Bensheimer Gruppe mit Nieskyern am Waldsee Steinölsa

Die übrigen Tage dienten zu Exkursionen in Teichgebiete und Landschaften, die sich durch einen besonderen Artenreichtum auszeichnen. Schon in der Nähe der Quartiere konnte man in den Guttauer Teichen mit ihren Schilfröhrichten Drosselrohrsänger, Rohrschwirl, Rohrdommel, Schell- und Schnatterenten, Flussseeschwalben sowie nordosteuropäische Rastvögel wie Kampfläufer und Grünschenkel beobachten.  

Jeden Abend giDrosselrohrsänger singendng es zudem an den Tauerwiesenteich, einer einsam gelegenen großen Seefläche, wo die Fachgruppe am Waldrand einen Beobachtungsturm errichtet hat. Gerade hier erlebte man die ganze Naturschönheit der Oberlausitzer Heidelandschaft. Im Abendlicht flogen Kraniche ein. Stimmen aus dem Schilf und von den Wasserflächen wurden laut.

Hirsche und Wildschweine zeigten sich auf den sumpfigen Wiesen und Seeadler kreisten über den Wäldern. Gespannt wartete man auf das Erscheinen eines Wolfs, der hier schon öfters gesehen wurde. Auch ohne dass sich ein Wolf sehen ließ, bleiben doch diese Abende am Tauerwiesenteich für die Bensheimer ein unvergessenes Erlebnis. 

 


Über dreihundert Teiche liegen im Biosphärenreservat. Sie gehen zurück auf die Zeit der mittelalterlichen Kolonisation, als Klostermönche Flüsse und Bäche anstauten, um Fischteiche anzulegen. Zu DDR-Zeiten wurde die Karpfenzucht stark intensiviert betrieben, was die Gewässer sehr belastete. 

Nach der Wende ging man zu einer mehr extensiven Nutzung über und gab manche Teiche auch auf, wo sich dann die Natur frei entfalten konnte. Natur und Vogelschutz auf der einen Seite und gewerbliche Fischwirtschaft auf der anderen  haben zu einem Ausgleich gefunden.

 

Weitere Ausflüge führten an den Grenzfluss Neiße bei Rothenburg, wo man an einem Wasserkraftwerk und an einem modernen Industriestandort (Zellstoffverarbeitung) vorbeikam. Auf der polnischen Seite zeigten sich dichte Auenwälder und Altwässer, aus denen Pirole und Kuckucke riefen. 

Gruppe-auf-der-Knabenkrautwiese-beim-Beobachten-des-Schwarzstorchs 

In krassem Gegensatz zu den stillen Heidewäldern mit ihren Teichen stehen die riesigen Abgrabungen des Braunkohleabbaus, der inzwischen bis an die Nordgrenze des Biosphärenreservates herangerückt ist. Eine Art Mondlandschaft  aus Abraumhalden tut sich hier auf. Tief unten, in über 30 Metern Tiefe liegt das Braunkohleflöz, das abgeschürft und im nahen Großkraftwerk Boxberg zur Stromgewinnung genutzt wird. Gewaltige Erdmassen müssen dazu umgelagert und Flüsse umgeleitet werden. Auch auf diesen Rohböden leben Vogelarten: Grauammer, Heidelerche, Brachpieper finden hier ihr Auskommen.

 

Nach der Wende wurde einiges getan, um den sanften Tourismus im Biosphärenreservat zu fördern. Ein Landschaftspflegehof mit Infozentrum zur Teich- und Heidelandschaft wurde in Wartha errichtet. Rundwege um die Teiche, Beobachtungsplattformen und ein Radwegenetz wurden angelegt und kulturelle Sehenswürdigkeiten ausgewiesen, wie z.B. der Markt und die Fahrradkirche von Diehsa. 

 

Auch wenn man nicht das Glück gehabt hat,, gleich mal einen Wolf zu sehen, wird man viele bleibende und tiefe Eindrücke mitnehmen, wenn man in dieses „Land der tausend Teiche“gereist ist und sich dem Atem dieser stillen und doch so reichen Landschaft ausgesetzt hat.

Dankbar für das Erlebte verabschiedete man sich herzlich von der Fachgruppe, die man zum Gegenbesuch im Oktober dieses Jahres in Bensheim erwartet.

 

Stephan Schäfer, Vorsitzender NABU Bensheim/Zwingenberg, 27.5.18